BNN, Samstag, 31. Mai 2014

Da werden Felsen geknüllt

Thomas Hänsel und Rusen Kartaloglu erschaffen für ,,Ali Baba” eine Welt aus nur zwei Zeitungen

Die Premieren im marotte-Figurentheater sind für den Theaterleiter Thomas Hänsel oft auch ein logistisches Problem. Noch kurz vor der Aufführung sorgt er dafür, dass wirklich jeder irgendwo seinen Platz findet, auch wenn er selbst gleich auf die Bühne muss. Sich vor der Aufführung für eine halbe Stunde zurückzuziehen und sich zu sammeln ist nicht drin. Aber Hänsel ist Profi, sobald er auf der Bühne ist merkt man nichts mehr vom Saalordner, der er eben noch war. Auf dieser Bühne ging nun die Premiere des neuen Kinderstückes “Ali Baba und die vierzig Räuber” in der Inszenierung von Friederike Krahl über die selbige. Hänsel und sein Kollege Rusen Kartaloglu vom Tiyatro Diyalog zogen vor ausverkauftem Haus alle Register der Fantasie, um das Publikum in die Welt des Orients und die Geschichte vom Sesam-öffne-Dich zu entführen.

Ganz in der Tradition der Erzählungen aus Tausendundeiner Nacht wird das Stück auf zwei Ebenen präsentiert: In der aktuellen Welt und in der Welt des Märchens. In der ersten treffen sich zwei Herren auf einer Parkbank und lesen ihre Tageszeitung, der eine eine türkische, der andere eine deutsche. Aus einer kleinen Nachricht über einen geborgenen Goldschatz entwickelt sich nun das Spiel im Spiel in der zweiten Welt.

Und hier zeigte es sich wieder, mit welch einfachen Mitteln man Welten erzeugen kann. Nicht Handpuppen oder Marionetten benötigten Hänsel und Kartaloglu für ihre Welt, nein, die beiden Zeitungen reichten aus. Aus ihnen wurden Figuren gerissen, Felsen geknüllt und Zaubertore geschaffen. Mit Lust und Leidenschaft gingen die beiden in ihren Rollen auf. Da gab es Fatima, die Frau Ali Babas, die kein Geheimnis für sich behalten kann, Bruder Kasim, der nur auch zu gerne etwas vom Schatz haben will und dessen tratschende Frau Güley und viele weitere Figuren inklusive der vierzig rachedurstigen Räuber in vierzig Olivenölfässern. Wie Hänsel und Kartaloglu all diese Dinge zu Leben erwecken, das hat schon Klasse. Das Stück ist ab fünf Jahren angegeben, nach oben aber gibt es keine Grenze. Wer sich verzaubern lassen will, ist hier genau richtig.

Jens Wehn