BNN, 30.04.99

Immer haben sie was zu gackern

“Pettersson zeltet” im Karlsruher Figurentheater “marotte”

Pettersson ist der Hit. Der liebenswert grantige Eigenbrötler aus Schweden gehört zu den Kinderbuchfiguren, die allen Spaß machen – den Kids, die zuhören, und den Erwachsenen, die vorlesen. Wer weiß, wie viele geistlose, zeichnerisch dürftige, bemüht pädagogische Bilderbücher auf dem Markt sind, der kann sich über die witzigen, einfühlsam vielschichtigen Geschichten, die Sven Nordquist seit gut zehn Jahren herausbringt, nur freuen. Und so konnte es eigentlich auch nur eine Frage der Zeit sein, dass sich das Karlsruher Figurentheater “marotte” des Stoffs annehmen würde. Thomas Hänsel, der künstlerische Leiter der ambitionierten Bühne, hat jetzt “Pettersson zeltet” herausgebracht – und man darf begeistert sein.

Pettersson lebt auf dem Land. Er ist zwar Junggeselle, aber es fehlt ihm doch nicht an meist etwas nervenaufreibender Gesellschaft. Da ist Findus, der quicke, manchmal etwas ängstliche, dafür durchweg vorlaute kleine Kater, da sind die zehn Hühner, die fortwährend ‘ was zu gackern haben, und da ist zudem der ganz normale Nachbar Gustavsson. Mit ihm beginnt in Karlsruhe das Stück: Thomas Hänsel tritt auf mit Hut und schwarzem Knebelbart, drängelt sich durch die Reihen aufgeregter, neugieriger, erwartungsfroher Kinder und fragt in sächsisch unterlegtem Badisch: “Hat oiner ä Rohrzang?” Denn: “Drei Dinge braucht‘s im Läbe – Esse, Trinke, Rohrzang. Hajo.“

Wie es halt so geht im Leben: von den Kindem hat gerade keines eine Rohrzange dabei. Also wendet sich Gustavsson an das Haus Pettersson, und jetzt treten die Figuren in Aktion: Pettersson selbst Findus, Hahn Harald und seine beiden sensiblen Hühner. Das Federvieh will mit zum Zelten, und daraus ergeben sich allerlei Turbulenzen. Thomas Hänsel bringt sie pfiffig, spannend und voller raffinierter Einfälle über die Bühne, die einmal ein Schrank war und die jetzt vollgepackt ist mit lustigen Requisiten – vom Kleiderbügel, der zur Spezialangelharpune umgebaut wurde, bis zum Eiförderband, mit dessen Hilfe das Gelege der Petterssonschen Hühner direkt zu einem Spiegeleibratautomaten geleitet wird.

Die Figuren hat Matthias Hänsel mit sehr viel Gespür für Nordquists Originale gestaltet, so dass Pettersson-Fans schon von daher auf ihre Kosten kommen. Der Spaß wird noch gesteigert durch Hänsels ungenierten Detailreichtum, die offensichtliche Spielfreude und den abwechslungsreichen Einsatz unterschiedlichster dramaturgischer Mittel – von Findus und Pettersson als Minisilhouette bis hin zum eigenen Auftritt als Gustavsson, der am Schluss auch noch mal uff d’Bühn dappt.

Michael Hübl