BNN Montag, 03.04.2023
Waschbär in der marotte

Packendes Puppenspiel

Veranstaltungen für Kinder sind eine spannende Sache, denn sie zeigen junge Menschen, bevor sie zu ernsthaften, um ihre Wirkung in der Öffentlichkeit besorgten Erwachsenen werden. Da gibt es die wilden Kinder, die kaum ruhig sitzen können und mit Vorliebe ihre Geschwister ärgern. Andere kommentieren lautstark das Geschehen und helfen den Protagonisten mit allerlei Ratschlägen. Und wieder andere, konzentrieren sich ganz versunken auf die Geschehnisse auf der Bühne und zischen nur ab und zu ihre Nebensitzer an, um ihnen, wie sie es von den Erwachsenen kennen, zu signalisieren, die Lautstärke ihrer Unterhaltung zu verringern.

So ist auch die Premiere des neuen Kinderstücks „Rocky Waschbär – der Apfelkuchendieb“ am Samstagmittag im ausverkauften Marotte Figurentheater, klein-gesellschaftlich bunt besucht. In dem unter der Regie von Friederike Krahl nach dem bekannten Kinderbuch von Michael Engler entstandenen Stück, wohnt Manuel (Manuel Speck) zusammen mit Waschbär Rocky.
Der Waschbär wird gerade vier Jahre alt und ist zunächst zu aufgeregt um aufzutreten. Erst nachdem ihm Manuel versichert, dass die Kinder sich auf ihn freuen und ihm zusagt, ihn auf dem Arm zu tragen, wagt sich Rocky aus seiner Holzkiste. Die Kinder lachen begeistert, als der Kakao und Apfelkuchen liebende Waschbär über den Tisch tanzt. „Schee dass ihr alle do seid“, begrüßt er das Publikum zunächst auf badisch, bis Manuel ihn darauf hinweist, dass er so nicht schwätzen könne.
Waschbär Rocky erzählt gerne Geschichten, in denen er sehr genau darauf achtet, der „Bestimmer“ zu sein, und somit jederzeit das Geschehen kontrollieren zu können. So erzählt er, durch Manuel unterstützt, den Kindern die Geschichte, wie er einmal Tante Polly einen Apfelkuchen stahl, um dann auf der Flucht vor dem Sheriff und Banditen einen hohen Berg zu erklimmen, einem Tornado zu trotzen, oder gemütlich im Zug durch die Wüste zu fahren. Während seiner Ausführungen ist ist gut zu beobachten, wie die Kinder sich in zwei Lager aufteilen. Die einen fiebern mit Rocky auf seiner Flucht mit, die anderen sind von seinen Schurkereien empört und drücken dem Sheriff die Daumen, der ihn zu fangen versucht.
Mit 40 Minuten Laufzeit ist das Stück genau richtig bemessen, da gegen Ende die Aufmerksamkeit der Kinder deutlich nachlässt. Manuel Speck gelingt es ausgezeichnet in die unterschiedlichen Rollen zu schlüpfen und den Waschbären Rocky zum Leben zu erwecken. Dies ist besonders bemerkenswert, da es sich um kein Bauchrednerstück, sondern um ein Puppenspiel handelt, bei dem der Puppenspieler und seine Mundbewegungen jederzeit sichtbar sind.
Hier besteht die Kunst vor allem darin, das Publikum durch die Bewegungen der Figur und eine dynamische Erzählweise so einzunehmen, dass sie den Puppenspieler zeitweise vergessen. Die Möglichkeit für die Kinder, sich nach der Vorstellung noch die Bühne und Rocky näher ansehen, oder sich mit Manuel unterhalten zu können, komplettiert eine rundum gelungene Vorstellung, an die sich die jungen Besucher sicherlich noch lange erinnern werden.
Abenteuerlich: Manuel Speck lässt Waschbär Rocky erzählen. Foto: R. Teeger